Das Hilfetelefon wurde am 1. Juni 2020 von Katharina Desery /Mother Hood und Paula
Diederichs ISPPM entwickelt und gestartet.
Das in Deutschland einmalige Hilfsangebot hat das Ziel, Mütter nach einer schwierigen und belastenden Geburtserfahrung eine leicht erreichbare Anlaufstelle zu bieten.
Was sind unsere Gründe ein solches Angebot in Deutschland zu initiieren?
Es wird geschätzt, dass rund 20 bis 50 Prozent der Frauen die Geburt ihres Kindes als schwierig,
belastend oder sogar traumatisch erleben
Eine belastende Geburt kann das Leben von Mutter, Vater und dem Kind sehr lange negativ
beeinträchtigen
Familien fehlt es nach einer schwierigen Geburtserfahrung an leicht zugänglicher
Unterstützung. Ihre Bedürfnisse sind dabei vielfältig. Therapieformen, wie
Traumatherapie oder Psychotherapie, können genauso helfen, wie eine Beratung bei einer
Schreibabyambulanz oder eine Familienberatung.
Aufklärung im öffentlichen Raum, da es bis dato wenig Sensibilität für dieses Thema gibt
Organisation des Hilfetelefons
Die Hotline ist zweimal in der Woche mittwochs von 12 bis 14 Uhr und donnerstags von 19 bis 21 Uhr unter der Rufnummer 0228 9295 9970 (www.hilfetelefon-schwierige-geburt.de)
erreichbar. Am Telefon beraten 19 Fachfrauen aus der ISPPM ehrenamtlich die Hilfe suchenden
Frauen. Diese Frauen sind alle beruflich auf das Thema spezialisiert!!
Wie wird beraten?
Die Beraterinnen des Hilfetelefons hören den Hilfesuchenden Frauen wertschätzend zu, und
versuchen mit Ihnen mehr Klarheit bezüglich ihrer Emotionen zu bekommen und sie dann
gegebenenfalls zu informieren, welche Therapieformen in Frage kommen können.
Anrufende können sich an ihrem Wohnort die passende Unterstützung suchen.
Geburtssituation in Deutschland
Personalmangel in Geburtskliniken und das oft fehlende Verständnis für die
psychischen und körperlichen Folgen von unzureichender Geburtsbegleitung
beeinflussen das Wohlbefinden der Mutter und letztendlich auch des Kindes
negativ. Werden Gebärende zum Beispiel nicht kontinuierlich gut betreut und über
medizinische Eingriffe aufgeklärt, fühlen sie sich ausgeliefert, gestresst oder
übergangen.
Was Anruferinnen über das Hilfetelefon sagen oder schreiben:
„Endlich jemand, der mich nicht verurteilt oder sagt: Ach, das ist doch gar nicht
schlimm, das wird wieder. Ich habe einige Tipps bekommen und die werde ich
auch umsetzen. Danke, dass es solch eine Möglichkeit gibt, dass man einfach offen
sprechen kann und sich auch verstanden fühlt!“
„Dieses Gespräch hat mich gestärkt. Ich fühle mich definitiv besser, bin auch auf
Vorschläge eingegangen und hab sie umgesetzt.“
„Es hat mir so gutgetan, das alles in einem anonymen Gespräch loszuwerden.“
Ohne dass das Gesagte relativiert wurde.“
„Ich habe mich sehr gut beraten und vor allem verstanden gefühlt.“
„Ich konnte das aussprechen, was ich anderen so nicht erzählen würde.“
Hintergrund:
Expertenmeinungen
Therapeutinnen wie Viresha J. Bloemeke, der Psychoanalytiker Ludwig Janus oder der Psychiater Karl Heinz Brisch weisen schon länger auf den Zusammenhang zwischen einer schwierigen Geburtserfahrung und Folgen für Mutter, Kind und die Familie als Ganzes hin. Dazu zählen Bindungsstörungen, Ängstlichkeit im Umgang mit dem Kind, Angst vor einer weiteren Schwangerschaft sowie postpartale Depressionen bis hin zur posttraumatischen Belastungsstörung.
Kinder reagieren auf belastende Geburtserfahrungen beispielsweise mit dem
sogenannten Schreibabysyndrom, Schlafproblemen sowie psychischen und motorischen Auffälligkeiten.
2 Jahre Hilfetelefon
In der Zeit von Mai 2021 bis April 2022 führten die Fachberaterinnen des Hilfetelefons 203 Gespräche durch. Das sind 55 Anrufe mehr als im ersten Jahr.
Am häufigsten meldeten sich Mütter. Die meisten erlebten die Geburt ihres Kindes problematisch, weil sie vom Klinikpersonal über medizinische Eingriffe nicht angemessen aufgeklärt wurden. Als besonders belastend empfinden Mütter medizinische Eingriffe wie das sogenannte Kristellern, bei dem Ärztin oder Hebamme das Kind aus dem Bauch heraus drückt. Auch ein Kaiserschnitt, die Anwendung der Saugglocke oder der Dammschnitt zur Beendigung der Geburt belasten Mütter sehr.
“Die Anzahl der Anrufe steigt, unser Hilfsangebot wird sehr gut angenommen”, sagt Katharina Desery, Vorstand beim Verein Mother Hood. “Das zeigt, wie dringend Menschen Unterstützung brauchen, wenn sie die Geburt ihres Kindes belastet.”
Der Text wurde verfasst von Paula Diederichs.